Klaus Modick liest in der Kempowski-Stiftung aus seinem neuen Roman „Konzert ohne Dichter“
Bericht aus der Zevener Zeitung vom 24.09.2015 VON SABINE HENNINGS
Am Anfang interessierte sich Klaus Modick nur für die Zeit des Jugendstils in der das Haus seiner Großeltern in Oldenburg gebaut wurde. Am Ende wurde daraus der Roman „Konzert ohne Dichter“, in dem es um die Entstehungsgeschichte des wohl berühmtesten Bildes des Worpsweder Jugendstilmalers Heinrich Vogeler geht. Am Dienstagabend las Klaus Modick im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung der Kempowski Stiftung und Nordwestradio im Haus Kreienhoop.
Bei genauerem Hinsehen ist auf dem Gemälde „Das Konzert oder Sommerabend auf dem Barkenhoff“ eine Lücke, wo eigentlich der Dichter Rainer Maria Rilke seinen Platz haben sollte. „Bei meinen umfangreichen Recherchen über den Jugendstil und die Künstler in Worpswede stieß ich natürlich auch auf dieses Gemälde, das heute noch im Barkenhoff zu sehen ist. Es stellte sich mir die Frage, warum die abgebildeten Personen so zerknittert gucken, obwohl ihrer damaligen Gemeinschaft doch so eine große Harmonie nachgesagt wurde. Und dann fiel mir eben die Lücke im Zentrum des Bildes auf und die Tatsache, dass Rilke, der ja Teil dieser Gemeinschaft war, fehlte“, erinnerte sich der Autor. Es begann die intensive Auseinandersetzung mit besagten Personen.
Rilke und Vogeler hatten sich in Florenz kennengelernt und um die Weihnachtszeit 1898 besuchte der junge Student der Kunstgeschichte den Jugendstilkünstler in Worpswede. Während Rilke zu dieser Zeit viele schlechte Gedichte schrieb, wie Klaus Modick versicherte, war Vogeler ein erfolgreicher Universalkünstler, der das gesellschaftliche Bedürfnis nach Ästhetik und Dekoration virtuell bediente.
In der ersten Passage, die Modick am Dienstag aus „Konzert ohne Dichter“ las, lernten die Zuhörer Rilke als einen Menschen kennen, der mit „dreistem Selbstbewusstsein“ sich und seine Kunst auf eine Stufe hob, die er noch gar nicht erreicht hatte. „Er sah Vogeler als seinen Bruder im Geist“, so der Autor.
Es sei das Schöne an Lesungen, dass die Zuhörer eine ganz andere Dimension erfahren, als wenn sie ein Buch selber lesen, befand Moderatorin Silke Behl, und Klaus Modick versicherte lachend, dass er hier natürlich die Möglichkeit habe, seine eigene Interpretation einfließen zu lassen. Das Hörbuch sei von Christian Brückner sehr viel reduzierter gelesen worden.
In der zweiten Passage, die er las, stand die Verbindung von Rilke zu Paula Modersohn und Clara Westhoff im Mittelpunkt. „Nur acht Monate nach ihrer ersten Begegnung bei einer spätsommerlichen Gesellschaft in Worpswede waren sie verheiratet“.
Rilke sei nicht besonders attraktiv gewesen, machte der Autor deutlich, aber er sprach Frauen aus der Seele und nutzte dieses Talent, sie für sich einzunehmen und mit ihrem Geld seinen aufwändigen Lebensstil zu finanzieren, fand Klaus Modick heraus. Bei dieser Gesellschaft im Jahre 1900 „sieht“ Vogeler die Szenerie des Gemäldes „Das Konzert oder Sommerabend auf dem Barkenhoff“ zum ersten Mal. Es ist eine Zeit des großen gesellschaftlichen Umbruchs, der auch die Worpsweder Künstler erfasst. Fünf Jahre wird Vogeler an dem Gemälde arbeiten und am Ende wird es sein eigenes Scheitern dokumentieren – als Ehemann, Künstler und Freund.