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Mittwoch, 27 September 2017 11:01

Mammut-Lesung in Kreienhoop

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Hildegard Kempowski (rechts) und die Literaturstudentin Maximiliane Spieß aus Hildesheim, die zurzeit eine Art literarisches Praktikum im Haus Kreienhoop absolviert, freuen sich schon auf die Gedenkveranstaltung zu Ehren Walter Kempowskis am 5. Oktober. Hildegard Kempowski (rechts) und die Literaturstudentin Maximiliane Spieß aus Hildesheim, die zurzeit eine Art literarisches Praktikum im Haus Kreienhoop absolviert, freuen sich schon auf die Gedenkveranstaltung zu Ehren Walter Kempowskis am 5. Oktober. Joachim Schnepel

Interessierte und Weggefährten zitieren vier Stunden aus dem Werk von Walter Kempowski

Bericht aus der Zevener Zeitung vom 27.09.2017 von Joachim Schnepel

Anlässlich des zehnten Todestages von Walter Kempowski am 5. Oktober gibt es eine Gedenkveranstaltung mit Lesungen von Zeitgenossen und Wegbegleitern aus seinem Werk. Am Abend trägt zudem Gerhard Henschel im Haus Kreienhoop Passagen aus seinem „Arbeiterroman“ vor.

Er gilt als einer der wohl größten zeitgenössischen Schriftsteller deutscher Sprache: Walter Kempowski. Geboren wurde er am 29. April 1929 in Rostock als Sohn eines Reeders. Kempowski wurde vor allem durch seine stark autobiografisch geprägten Romane der „Deutschen Chronik“ bekannt sowie durch sein Mammut- Projekt „Das Echolot“, in dem er Tagebücher, Briefe und andere Alltagszeugnisse zu Zeitgemälden collagierte. Die „Deutsche Chronik“ besteht aus den Romanen „Aus großer Zeit“, „Schöne Aussicht“, „Tadellöser & Wolff“, „Uns geht’s ja noch gold“, „Ein Kapitel für sich“ und „Herzlich willkommen“.

Walter Kempowski erzählt darin die Geschichte seiner Familie, beginnend in der wilhelminischen Zeit bis in die 1960er-Jahre. Die „Deutsche Chronik“ entstand in den Jahren 1968 bis 1984, vorher hatte der Autor zwölf Jahre lang an seinem Erstlingswerk, dem Haftbericht „Im Block“, gearbeitet; das Buch erschien 1969 – von der Kritik gelobt, vom Publikum jedoch kaum wahrgenommen.

Daneben hat Kempowski, der nach dem Krieg den Lehrerberuf ergriff und unter anderem als Grundschupädagoge in Breddorf und Zeven arbeitete, noch zahlreiche andere Romane geschrieben, sodass er auch als einer der produktivsten deutschen Schriftsteller angesehen werden kann.

1974 wurde das Haus Kreienhoop nach Ideen des Hausherrn in Nartum errichtet, das heute als Kultur- und Begegnungsstätte dient und nach wie vor von seiner Frau Hildegard bewohnt wird. 2005 gründete Walter Kempowski die Kempowski-Stiftung Haus Kreienhoop, in die er das Haus und seinen gesamten schriftstellerischen und persönlichen Nachlass überführte. Er starb 2007 in Rotenburg.

Was ist nun anlässlich des Gedenktages am 5. Oktober geplant? „Zum Gedenken an den vor zehn Jahren verstorbenen Schriftsteller lesen Freunde, Fans und Weggefährten aus dem Werk von Walter Kempowski“, teilt Katrin Möller-Funck von der Kempowski- Stiftung dazu mit. Die Lesung, die um 14 Uhr im Haus Kreienhoop beginnt und um 18 Uhr enden soll, wird musikalisch begleitet. „Jeder, der möchte, hat die Möglichkeit, mitzuwirken und auch zuzuhören“, so Möller- Funck. Es sei eine mehrstündige Non-Stop-Lesung geplant, bei der jedermann seinen Lieblingstext von Walter Kempowski einer interessierten Öffentlichkeit vortragen könne.

Dabei seien Überschneidungen und Doppelungen ausdrücklich erwünscht, denn: „Jeder liest anders“, so die Geschäftsführerin. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, der Eintritt ist frei. Nach einer kurzen Umbau- und Regenerationsphase für alle Beteiligten gibt es dann um 20 Uhr an gleicher Stelle eine Lesung mit Gerhard Henschel aus seinem „Arbeiterroman“. Der Eintritt kostet zehn Euro. Bereits als junger Mann lernte Gerhard Henschel Walter Kempowski in Nartum kennen. Nach anfänglichen Dissonanzen – Kempowski galt als „schwierig“ im Umgang – entwickelte sich daraus eine Freundschaft, die Henschel, der auch den Autorenberuf ergriffen hatte, in seiner Arbeit beeinflusste.

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Frank Jagels