Freitag, 15 Januar 2016 20:48

Aus dem Reich der „Pubertiere“

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Vater sein ist schon toll. Aber früher war’s schöner! JAN WEILER Vater sein ist schon toll. Aber früher war’s schöner! JAN WEILER Fitschen

Bestsellerautor Jan Weiler unterhält vortrefflich das zahlreiche Publikum in der Kempowski-Stiftung Haus Kreienhoop

Artikel aus der Zevener Zeitung vom 15.01.2016

Aus der Reihe „Ein Buch, ein Autor, ein Erlebnis“ präsentierten die Kempowski-Stiftung und das Nordwestradio am Mittwochabend den Bestsellerautor Jan Weiler, der zum ersten Mal im Haus Kreienhoop zu Gast war. „Walter Kempowski und seine Bücher kenne ich aus Kindertagen und ich bin sehr gerührt, dass ich heute hier sein darf“, gestand Weiler vor Beginn seiner Lesung.

Durch die gekonnte Mischung aus frei erzählten Erlebnisberichten und gelesenen Texten, die prall gefüllt mit Anekdoten und hoch witzigen Episoden aus seinem „Pubertier- Forschungslabor“ waren, flossen im Publikum schon nach kurzer Zeit die ersten Lach-Tränen. Dabei ging es um Fragen zur Lebensweise, beispielsweise zu den Ordnungsprinzipien des „Pubertiers“ – oder ob es in ganzen Sätzen antworten kann und was ein „Pubertier“ sonst noch so ausmacht.

Zum Beispiel findet es in jeder Stadt binnen kürzester Zeit einen WLAN-Zugang, ist jedoch schon oft mit dem Transport einer leeren Saftflasche vom Stubentisch in den Keller überfordert. Pädagogische Handreichungen und Tipps zum Umgang mit Pubertieren hatte der „Versuchsleiter“ nur spärlich im Gepäck. Doch wie man selbst mit den Höhen und Tiefen der Zeit umgehen kann, wenn sich das ganze Leben verändert, sobald der eigene Nachwuchs die große Verwandlung zum „Pubertier“ vollzieht, scheint einfach zu sein: Mit Humor.

Weiler, der mit seinem ersten Büchlein über die „Pubertiere“ nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die „Pubertiere“ selbst erreicht hat, las am Abend aus der Fortsetzung des Bestsellers vor. Denn auch von Pubertieren, die älter werden, gibt es immer wieder neue Geschichten, die sich ereignen – ob in Wirklichkeit, in der Phantasie oder aus der Erinnerung an die eigene Pubertät.

Hilke Theessen vom Nordwestradio stellte im Anschluss persönliche Fragen an den Autor. Schon als Achtjähriger wusste er, dass er Journalist oder Schriftsteller werden wollte. Mit konsequenten Schritten verfolgte er sein Ziel. Als Co-Chefredakteur des SZMagazins der Süddeutschen Zeitung hatte er als Mittdreißiger einen guten Job und ein gutes Leben. Doch der Ruf der freien Schriftstellertätigkeit wurde immer lauter, so dass er im Rahmen eines Sabbat-Jahres erst einmal ausprobieren konnte, ob es gelingt. „Es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich den Weg in die 10-Uhr-Konferenzen nicht mehr gefunden habe.“20160115 pupertiere1Amüsiert und bestens unterhalten freute sich das Publikum über zahlreiche Anekdoten bezüglich des Ausnahmezustands, den Teenager und Eltern durchlaufen müssen. Mit Humor scheint es leichter zu gehen.

Die Freude an der Arbeit und seinem Tun wurden vom Publikum nach weniger als drei Sätzen abgenickt. Urkomisch und in lebendiger Weise erzählte er vom Schicksal österreichischer Germknödel, über sein eigenes Leben im Keller, Bestechungsversuche mit Schoko-Pudding, seinen Elternabend- Boykott bis hin zum lebendigen Anrufbeantworter mit Spracherkennungsfunktion – und malte die Geschichten aus dem Leben bunt aus, ohne dabei weder die „Pubertiere“ noch die Erwachsenen zu beschämen.

Das Publikum honorierte mit kräftigem Applaus und im Anschluss bildete sich eine lange Schlange zwecks Signierung der Bücher, die von der Buchhandlung Lesezeichen erworben werden konnten. Das Geheimnis seines Erfolges in nahezu allen Altersklassen sei vermutlich, dass die Pubertiere in den Geschichten immer gewinnen. In der Familienrealität gehe es ja oftmals heikler zu. Mit seinem Humor bringt Weiler alle Generationen gleichermaßen zusammen – und vermutlich hat er seit Mittwoch viele neue Fans gefunden.

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