Mittwoch, 19 August 2015 21:31

Nur ein Schwimmbad fehlt

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Niedersächsische Ministerin Gabriele Heinen-Kljajic besucht das Haus Kreienhoop – und ist begeistert

Bericht aus der Zevener Zeitung vom 19.08.2015

VON JOACHIM SCHNEPEL

Hoher Besuch gestern Nachmittag in Nartum im Haus Kreienhoop: Die niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Ga- Briele Heinen-Kljajic, stattete dem Hause Kempowski eine Visite im Rahmen ihrer Sommertour ab. Ein Großaufgebot aus Fernseh- und Pressevertretern begleitete den Besuch. Hildegard Kempowski führte den Gast aus Hannover durchs Haus und hatte wie immer viele launige Anekdoten aus dem Leben ihres verstorbenen Mannes Walter Kempowski parat.

Zum Beispiel diese: Bei einer Lesung in Lünen in Westfalen habe ihr Mann mal vier Spielzeugburgen auf einmal gekauft, einfach so, berichtete Hildegard Kempowski dem schmunzelnden Gast mit Bezug auf das entsprechende Exponat im Haus Kreienhoop. Kennengelernt habe man sich bei der 24-Stunden-Lesung aus dem „Echolot“ im April in der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin aus Anlass des 70-jährigen Kriegsendes, berichtete die bündnisgrüne Politikerin der Zevener Zeitung. Gabriele Heinen-Kljajic eröffnete damals die Lesung, Hildegard Kempowski folgte ihr und man fand sich auf Anhieb sympathisch.

Die Ministerin, die das erste Mal zu Gast im Hause der Kempowski- Stiftung war, fand sich ganz ungewohnt für ihre Verhältnisse in der Rolle der Zuhörerin. Sie erhielt durch Hildegard Kempowski detaillierte Einblicke in das Leben und Werk des Schriftstellers sowie die Arbeitsweise der Stiftung, die sich als wie es heißt „regionale Verankerung der in Kempowskis Werk begründeten Erinnerungskultur“ begreift.

Stiftungsvorsitzender und Ex- Landtagsabgeordneter Friedhelm Helberg (SPD), der den Besuch eingefädelt hatte, berichtete am Rande des Rundgangs schmunzelnd, dass Kempowski sogar mal geplant habe, bei sich zuhause ein Schwimmbad einzubauen. 1974 sei das gewesen, der Plan sei damals an der Ölkrise gescheitert. Mittlerweile präsentiert sich das Haus Kreienhoop aufwendig ökologisch saniert – wenn auch noch nicht alles ganz fertig ist, wie Hildegard Kempowski bei dem Termin einschränkte.

Wie die Ministerin auf Anfrage mitteilte, hat das Land die Kempowski- Stiftung im Jahre 2009 mit einer Zustiftung von 600 000 Euro bedacht. Hinzu kamen 430 000 Euro aus dem Efre-Programm, einem Fördertopf der EU. Der Einsatz der Mittel habe sich absolut gelohnt, schwärmte die Ministerin, denn: „Dieses Haus ist ein wahres Kleinod. Hier lebt der Geist Kempowskis. In die Räume kann man sich wunderbar zurückziehen und sich mit Leben und Werk Kempowskis beschäftigen.“ Sie selbst, so die Ministerin auf Nachfrage, habe sich bislang hauptsächlich mit dem „Echolot“ beschäftigt, weil man da immer wieder ein- und aussteigen könne. Das sah Hildegard Kempowski ähnlich: Die Tagebücher seien neben den Romanen und Befragungsbüchern ein weiterer wichtiger Mosaikstein im Werk Kempowskis. Den Höhepunkt, so Hildegard Kempowski zum Schluss der Führung, habe das Haus Kreienhoop in den 70er und 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts erlebt, als hier im großen Saal die Literaturseminare stattfanden.

Das Haus sei ein „Ort der Begegnung“. „Wir wollen weitermachen, solange noch Menschen Lust haben, sich mit seinem Werk zu beschäftigen“, so Hildegard Kempowski, die allerdings bedauerte, dass das Bildungsbürgertum früherer Jahre immer mehr im Aussterben begriffen sei. Und auch Schüler ließen sich leider nur selten in den Räumlichkeiten sehen, so die ehemalige Grundschullehrerin. Die Kultur- und Wissenschaftsministerin nahm alle diese Eindrücke mit auf die nächsten Stationen ihrer Tour, die sie nach Göttingen und Hildesheim führen.

Gelesen 3756 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 19 August 2015 21:34