Schauspieler Jens Weisser rezitiert im Haus Kreienhoop in Nartum aus „Kempowskis Rostock“
Bericht aus der Zevener Zeitung vom 05.06.2015
VON HEIKE PEUKERT
Zahlreiche Literaturfreunde trafen sich am Mittwoch im Spiegelsaal des Hauses Kreienhoop in Nartum, um einmal nicht selbst zu lesen, sondern um sich von Jens Weisser vorlesen zu lassen.
Der hauptberufliche Schauspieler und Regisseur ließ die vorgetragenen Geschichten aus „Kempowskis Rostock“ noch ein wenig plastischer erscheinen, als sie der Schriftsteller Kempowski ohnehin schon geschrieben hatte. Die Texte zeichneten ein sehr klares Bild vom Denken und Dünkel der Gesellschaft am Anfang des vergangenen Jahrhunderts.
Kempowski ist es gelungen, ein Fenster zu öffnen ins Innenleben der Protagonisten, bravourös in Szene gesetzt vom Vorleser Jens Weisser. Der gebürtige Hamburger las erstmals aus dem Werk Kempowskis im Theatermuseum Hannover. Aber auch vorher hatte er schon Kontakt zur Familie durch seine Freundschaft zu Robert Kempowski, den er auch schon in dem Film „Ein Kapitel für sich“ gespielt hatte. So wurde er ab und an nach Nartum eingeladen. „Ich habe mich nie als Fremder gefühlt“, so Weisser. An dem soeben gelesenen Buch gefalle ihm besonders, dass es gut zu lesen sei. Genauso mache Kempowskis beeindruckendes empathisches Vermögen das Buch laut Weisser sehr lesenswert.
Aber auch das Zuhören war in diesem Falle ein besonderer Genuss. Angesichts der von Kempowski bekannten, unverblümten Ausdrucksweise war das eine oder andere Kichern aus dem Publikum zu vernehmen. Einen gewissen Hang zur Situationskomik ließ das Vorgelesene durchaus streckenweise erkennen. Zeitweise schloss aber auch mancher andächtig die Augen und lauschte geistig ganz versunken in die Vorstellung des Milieus im Rostock des frühen 20. Jahrhunderts.
Unter den Gästen fanden sich auch echte Fans. Martha Hollmann und Eckhard Scherner machen sich aus dem fernen Bad Nenndorf eigens mehrmals im Jahr auf ins beschauliche Nartum. Seit 1999 gehen sie im Haus Kreienhoop ein und aus. Auch privat hatte sie Walter Kempowski zu Lebzeiten schon einmal eingeladen mit den Worten „Bringen Sie mal einen schönen dicken, fetten Kuchen mit. Aber nicht gekauft, selbst gebacken!“