Montag, 23 September 2019 13:47

Literaturfest im Haus Kreienhoop

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Gerhard Henschel (links) und Juan Guse (Mitte) lesen aus ihren Romanen, Joachim Dirks vom NDR moderiert Gerhard Henschel (links) und Juan Guse (Mitte) lesen aus ihren Romanen, Joachim Dirks vom NDR moderiert Jung

„Vom Leben schreiben – vom Schreiben leben“: Mehrere Autoren lesen Texte vor großem Publikum in Nartum

Bericht aus der Zevener Zeitung vom 23.09.2019 von Bernhard Jung

„Vom Schreiben leben“, da gehört sicher ein dickes Fragezeichen hinter. Wer glaubt, vom Schreiben leben zu können ist schon mutig. Wer es dann versucht, ist wohl auch ein wenig übermütig. „Mut“ war das Motto dieser Veranstaltung der Kempowski-Stiftung. Doch Mut allein taugt nicht für eine Karriere als Schriftsteller, war an diesem Abend zu hören.

Mit Juan S. Guse, Gerhard Henschel, Christian Steyer und Joachim Dicks (Moderation) waren vier gestandene Handwerker der Schreibkunst Gäste im Haus Kreienhoop. Dr. Katrin-Möller- Funck zog hinter der Bühne die Fäden. Die Geschäftsführerin der Kempowski Stiftung sorgte als eine ausgewiesene Literatur-Expertin für die Auswahl der Texte. Und wer schreiben will, dem sollte das Lesen nicht fremd sein. Gutes Vorlesen ist die Kunst, die Zuhörer in den Bann zu ziehen, das Gelesene zum Erleben machen. Da kann ein wenig Schauspielerei nicht schaden.

Christian Steyer ist so ein Experte, er studierte Schauspielerei und Musik, trat in Filmen auf und ist Sprecher für Fernsehen und Hörspiel. Er liest aus Walter Kempowskis „Im Block“ und macht die erschütternden Erlebnisse des jungen Kempowskis im Gefängnis Bautzen lebendig.

So richtig in Fahrt kommt dann Gerhard Henschel, als er aus seinem „Kindheitsroman“ vorliest: beim Klauen eines Matchbox- Autos erwischt und von der Mutter aus der Polizeistation abgeholt. Ein Skandal und er, der junge „Martin Schlosser“, die Schande der Familie. Das schwere Gewitter der Mutter nimmt kein Ende. Da konnte Henschel beim Vorlesen richtig laut werden und es wirkte authentisch.

War da was? Schließlich schreibt Henschel wie Kempowski biographisch. Henschel kann als mit Preisen geehrter Schriftsteller vom Schreiben leben. Doch das ist fast die Ausnahme. Auch Kempowski sicherte sich seine anfängliche Schreiberei mit dem engen, aber warmen Rock des Lehrerbeamtentums ab.

Noch kann Juan S. Guse vom Schreiben allein nicht leben, obwohl hochgelobt und mit dem Literaturpreis Hannover 2017 ausgezeichnet. Guse ging den direkten Weg zur Schriftstellerei, studierte kreatives Schreiben. Beim Vorlesen muss er indes noch ein wenig üben, die Texte aus seinen Roman „Miami Punk“ erscheinen etwas technisch. Aber biographische Texte entstehen ja aus der jeweiligen Zeit des Verfassers heraus. Guse beschreibt detailgetreu ein Hier und Jetzt. Fürs Gestern hat er mit seinen 30 Jahren noch viel Zeit. Bis dahin sollte er vom Schreiben wohl leben können.

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