Die Entstehung der dörflichen Ansiedlung in unserem Raum beläuft sich auf etwa 800 Jahre nach Christus. Begeben Sie sich mit uns auf eine kleine Zeitreise und lernen Sie die Geschichte des Dorfes Nartum kennen !
Die in den Texten enthaltenen Informationen basieren auf der Nartumer Dorfchronik, aus der Feder von unserem Bürgermeister Friedhelm Helberg. Ausführlichere Hintergrundinformationen über unser schönes Dorf erhalten Sie in der Dorfchronik.
Entstehung des Ortes und Namensgebung
Zum Ende des 8. Jahrhunderts unterwarf Karl der Große während des langwierigen und zerstörerischen Sachsenkrieges gewaltsam die hiesigen Breiten. Er zog mit seinem Heer von Scheeßel nach Verden und gründete nach langjährigen Kämpfen die Bistümer Bremen und Verden. Zu dieser Zeit wurden bis dahin in dieser Form nicht bestehende dörfliche Ansiedlungen gegründet.
Während die Sachsen zuvor als freie Bauern lebten und wirtschafteten, so wurden diese durch die karlsche Unterwerfung und die Vergabe des Landes an die adeligen oder kirchlichen Grundherren entrechtet. Die bisher eigenen Flächen konnten lediglich als Lehen bewirtschaftet werden, für welche die Bauern nun Abgaben oder Dienste an den Grundherren zu entrichten hatten.
Namensforscher und Historiker gehen davon aus, dass sich in der Zeit Karl des Großen um 800 n. Chr. Militärsiedler und Königstreue in einer ebensolchen Ansiedlung im Nartumer Raum niedergelassen haben.
Zu dieser Zeit wurden vielfach Namen mit dem Grundwort “Heim” (=-Hem,-um) in Verbindung mit der Angabe der geografischen Lage (Nord-, Süd) verwendet. Unsere Vorfahren bewohnten daher das Siedlungsgebiet Northem = Nordheim.
Eine weitere Theorie zur Namensgebung unseres Dorfes ist die Ableitung vom friesischen Namen “Nardo”. Die Familiennamensdeutung beschreibt den Ort als eine Friesensiedlung mit keltischem Ursprung.
Eine abschließend stichhaltig nachgewiesene Deutung des Ortsnamens liegt bis heute nicht vor.
Lediglich festzustellen ist, dass die erste durch Dokumente nachgewiesene Schreibweise Nartums “Northem” lautete. Hierbei handelt es sich um eine im 16. Jahrhundert gefertigte Kopie einer Urkunde, welche besagt, dass Nartum im 13. Jahrhundert gegenüber dem Bischof in Verden an der Aller steuerpflichtig war. “Item deciman minutam in Northem – ferner den kleinen Zehnten in Nartum”.
Entwicklung des Dorfes bis in das 19. Jahrhundert
Mündlich überlieferte Legenden unserer Vorfahren besagen, dass der Ort ursprünglich nur aus drei Häusern bestand, die sich um einen Edelhof gruppierten. Mit der Zeit bauten sich immer mehr Leute an. Jeder neue Bauer musste den Meierbrief einlösen, ferner hatte jeder Bauer von allem den 10. Teil an den Edelhof abzugeben. Nur zwei Bauern sollen hiervon ausgenommen gewesen sein, die heutigen Grundstücke Grabau und Helmers.
Als das Dorf größer wurde, sei Nartum mit einem Ring aus Schlagbäumen umgeben worden, die alle Wege, welche von und zum Dorf führten, absperrten. Nur gegen ein Entgelt wurde der Weg freigegeben. So trägt noch heute der Hof am Weg nach Steinfeld den Namen “Tölners Hus”.
Landwirtschaft prägte die Lebensumstände des Dorfes. Die Höfe hielten als Einnahmequelle große Schafherden, selten waren mehr als 2 bis 3 Schweine, Pferde oder einige Kühe auf den Höfen. Der Ertrag aus der Landwirtschaft reichte zum Überleben, Reichtümer wurden jedoch nicht erwirtschaftet.
Bis in das 19. Jahrhundert hielt sich das Ordnungsprinzip der Abhängigkeit von den Grundherren. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung lebten Haupt- und Nebenberuflich von der Landwirtschaft.
Durch die Ablösegesetze von 1831 und 1833 wurde es den Bauern ermöglicht, sich durch Zahlung eines Ablösebetrages in immenser Höhe von dem Lehen zu befreien und das Land wieder selbst in Besitz zu nehmen. Die Ablöse der insgesamt 41 Nartumer Höfe erfolgte um 1850.
Nartum im 1. und 2. Weltkrieg
Die Weltkriege des 20. Jahrhunderts prägten nachhaltig das Geschehen im Dorfe. Anlässlich des 1. Weltkrieges wurden insgesamt 81 Nartumer Männer für das Vaterland zu Kriegsdiensten einberufen. Nur 18 Männer kehrten zurück. Während dieses Krieges verrichteten Kriegsgefangene aus Belgien, Frankreich, Russland und Polen die Arbeit auf den Höfen. Nach Kriegsende folgten zwei schwere Grippeepidemien, die zahlreiche Einwohner dahinsterben ließ. Lehrer Sieske monierte im Jahre 1922 die Nartumer Verhältnisse: “Die Jugend ist durch den Krieg und seine Folgeerscheinungen frühreif geworden – uns Alten kaum glaublichen Wege. Abends werden die Straßen lebendig und die Gasthäuser füllen sich von der Jugend beiderlei Geschlechts zu alkoholischen Genüssen und wildem Juchhe. Ehrfurcht vor dem Alter oder der Person schwindet immer mehr. Mit dem politischen Zusammenbruch scheint auch ein moralisch und sittlicher Verfall einherzugehen.”
Während des zweiten Weltkrieges wurden nach und nach wieder die Nartumer Männer zu Stellungsdiensten einberufen. Wiederum verrichteten Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter die Arbeit auf den Höfen. Die Zwangsarbeiter hatten die Tage auf dem Hofe zu verbringen und mussten an separaten Tischen auf dem Hofe verpflegt werden. Einige Bauern des Ortes sollen sich jedoch dieser Anordnung widersetzt haben und am selben Tisch gespeist haben. Am Abend wurden die Kriegsgefangenen in separaten und eigens für diesen Zweck hergerichteten Unterkünften untergebracht und am nächsten Morgen unter Bewachung wieder auf die einzelnen Gehöfte verbracht.
Zum Kriegsende hin erreichten viele Flüchtlinge Nartum und wurden in die Bauernhäuser zwangseinquartiert. Die Einwohnerzahl Nartums stieg in den letzten Kriegsmonaten von ursprünglich 400 Einwohnern auf über 700. Wohnraumengpässe, Versorgungsmängel und eine stetig ansteigende Unzufriedenheit prägten diese Zeit.
Im April 1945 erreichte die Heeresfront Nartum. Von hier aus wurden Angriffe deutscher Truppen auf den Bereich Wistedt/Elsdorf ausgeführt. Englische Truppen schlugen zurück und führten umfangreich Bombenabwürfe und Trommelfeuer aus. Die Bürger flohen in das Nartumer Moor oder in Bunker und Hauskeller. Das Vieh wurde entweder auf die Weide getrieben oder einfach aus den Ställen gejagt. Viele Zivilisten verloren bei diesem Kampf um das Dorf neben Haus, Heim und Vieh ihr eigenes Leben.
Nach dem Krieg fiel die Ernte recht dünn aus. Es entbrannte ein Schwarzmarkthandel, welcher durch “Swattschlachten” – dem illegalen Schlachten und Vermarkten von Vieh – und dem Vertrieb auf dem Bremer Schwarzmarkt florierte. Auch der Nartumer selbstgebraute Rübenschnaps stellte wertvolles Tauschgut dar. Hungrige Stadtbewohner kamen nach Nartum, um Hausrat und verbliebene Wertgegenstände gegen Lebensmittel einzutauschen. Die Zustände und die wirtschaftliche Lage im Dorf besserte sich Ende der 40er Jahre.
Einwohnerzahlen 1780 – 2011 – Eine kleine Statistik
Jahr | Feuerstellen/Gebäude | Einwohner |
1780 | 23 Feuerstellen | 202 |
1821 | 44 Feuerstellen | 229 |
1858 | 53 Wohngebäude | 308 |
1871 | 56 Wohngebäude | 293 |
1885 | 57 Wohngebäude | 313 |
1905 | 60 Wohngebäude | 361 |
1925 | 406 | |
1939 | 408 | |
1946 | 691 (davon 315 Evakuierte + Flüchtlinge) | |
1949 | 716 (davon 323 Evakuierte + Heimatvertriebene) | |
1952 | 670 | |
1965 | 519 | |
1985 | 154 Wohngebäude | 641 |
2011 | 778 |
Die Nartumer Schule
Erste Hinweise auf eine Nartumer Schule finden sich im Feuerstellenverzeichnis von 1754. Priorität lag lange auf der “gottgefälligen Erziehung” – dem Lesenlernen, um Bibeltexte und Katechismustexte zu lernen. Unterricht wurde nur im Winter erteilt, da die Kinder im Sommer auf den Höfen arbeiten mussten. Wo genau sich diese Schule befand ist unbekannt.
Die Nartumer Schule am Ortsmittelpunkt wurde 1832/33 erbaut. Bis 1911 bestand die Schule aus nur einer Klasse. Wegen hoher Schülerzahlen von bis zu 80 Schülern und weil die Schule an einer tiefen, sehr nassen Stelle stand, beschloss die Gemeinde 1909 ein weiteres Schulgebäude zu errichten. Es wurde ein Teil des Grundstückes des Schuhmachers Röhrs gekauft. Fertigstellung der neuen Schule war im Jahre 1912. 1955 wurde das Schulgebäude um einen Anbau ergänzt.
Bereits 13 Jahre später drohte das Ende der Nartumer Schule. Die Klassen 7 bis 9 wurden zur neuen Mittelpunktschule nach Elsdorf umgeschult. Im Juli 1973 hielt das Lehrerehepaar Kempowski den letzten Unterrichtstag in der Nartumer Schule ab: “Heute ist der letzte Schultag. Damit ist die Geschichte der Nartumer Schulde leider beendet. Vorbei die schöne Landschulzeit. Es wird nicht sehr lange dauern, und man wird sich in dieses Paradies zurücksehnen…” Walter Kempowski, Schulchronik
Heute befindet sich im Schulgebäude der Nartumer Spielkreis.