Nartumer Hafenverein sorgt für Aufsehen in Funk und Fernsehen
Bericht aus der Neuen Presse vom 09.09.2015 von Stephan Voigt
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NARTUM. Nartum ist viele Kilometer von der Nordsee entfernt, dennoch
hat der kleine Ort einen Deich, einen Leuchtturm, eine Hafen-Kneipe und
ein Boot hat auch bereits angelegt. Die Mitglieder des Hafenvereins haben
viel auf die Beine gestellt und machen mit ihrer Schnapsidee Fernsehkarriere. Dabei hat der ulkige Einfall einen ernsten Hintergrund.
Hans Dieter Stemmann ist Hafenmeister in Nartum und erzählt von einer Begebenheit 1996 Wahrheit, Mythos, nette Anekdote – das weiß er selbst
nicht so genau. „Bei einer lausigen Winternacht saßen zwei intellektuelle Nartumer bei einem schweren Rotwein beisammen und haben sich überlegt, was wohl geschieht, wenn das Eis der Polkappen schmilzt. Daraufhin einten
sie, am besten sofort einen Hafenverein zu gründen“, erzählt Stemmann schmunzelnd und fügt ernst hinzu: „Wenn der Meeresspiegel um 30 Meter ansteigt, dann liegt Nartum am Meer. Laut Berechnungen könnte das in 250
Jahren soweit sein.“ Und der Logbuchführer des Vereins, Frank Jagels, ergänzt: „Das Ganze hat also einen ernsten Hintergrund. Wir wollen
schon auf den Klimawandel aufmerksam machen und daran erinnern, dass es vielleicht einmal schön ist, das Auto stehenzulassen und das Fahrrad
zu benutzen.“
Jagels gehört nun zur Führungsriege des Vereins, war aber zunächst eher ein Skeptiker, wie er zugibt: „Ich dachte, dass es Negativpresse gibt, weil wir uns angeblich über den Klimawandel lustig machen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Wir sind sehr beliebt und es kommen immer wieder Fernsehteams vorbei.“ Stemmann erinnert sich, dass es zunächst einige Skeptiker in Nartum gegeben habe. „Die haben wir aber alle mundtot bekommen“, sagt er lächelnd. Wie beliebt der Hafenverein ist, zeigt die Mitgliederzahl. Nachdem die erste Idee 1996 von den beiden Intellektuellen,
deren Namen Stemmann nicht nennen möchte, weil er dann wegen der Bezeichnung als Intellektuelle Ärger mit ihnen bekomme, aufgeworfen
worden war, dauerte es viele Jahre bis zur Umsetzung. „Das brodelte immer vor sich hin und am ersten Advent 2011 haben wir zunächst mündlich zur Vereinsgründung eingeladen. Im Januar 2012 fand die Veranstaltung dazu statt und 23 Mitglieder waren im Nartumer Hof dabei, der mittlerweile
bei uns Neptuns Inn heißt“, blickt Stemmann zurück.
Jagels erklärt, dass es richtig losgegangen sei, als einer der Vereinsfreunde den Leuchtturm gebaut hatte. „Dann hatten wir ein Symbol. Im Juni 2012 hat sich das erste Fernsehteam bei uns angekündigt. Damals hatten wir
den Deich aufgeschüttet, den Gründungsstein des Vereins aufgestellt und wollten ein Strandvergnügen veranstalten“, so Jagels. Stemmann erinnert
in diesem Zusammenhang an das Elbehochwasser: „Das war zu der Zeit. Uns
erschien es etwas makaber, dass anderswo Städte unter Wasser stehen und wir hier ein Strandvergnügen ausrichten. Daher wollten wir den Fernsehtermin absagen, aber das Team meinte, dass der Film sowieso zu einer anderen Zeit ausgestrahlt wird. Und wir haben für uns dann entschieden, aus dem Strandvergnügen eine Benefiz-Aktion zu machen.“ 1.000 Euro seien damals zusammengekommen und für die Flutopfer gespendet worden. „Das ist eine ganz schöne Summe für einen Verein von damals 40 Mitgliedern“, findet Stemmann. Mittlerweile zähle der Club
fast 100 Mitglieder. „Ich hoffe, dass wir die 100er-Marke beim Hafengeburtstag am 19. September knacken“, sagt der Hafenmeister
und erzählt, dass dann ab 14 Uhr gefeiert wird – mit Wurstbude, Räucherfisch, Fischbrötchen, Feuershow und Musik des Zevener Shanty-
Chores Windjammer. Auch dabei ist die Band Grandmothers Groove aus Krumbach. Ebenfalls aus Bayern reisen die U-Boot-Freunde Oberegg
an. Jagels: „Die haben auf 1.800 Meter Höhe den Film Das Boot gesehen und dann ihren Verein gegründet.“ Und so wie die Nartumer einen Hafen haben, haben die Oberegger ein U-Boot – einen Linienbus in U-Boot-Optik.
Neben Fernsehauftritten und Hafengeburtstag treffen sich die Vereinsmitglieder auch zur Jahreshauptversammlung und zu einer jährlichen Ausfahrt. Jagels lächelnd: „Wir waren beispielsweise in den
Häfen von Hamburg und Bremen. Wir nennen das Studienreisen, weil wir ja weiter planen müssen, wo zum Beispiel der Tiefwasserhafen hin soll. Und ein Hafen braucht ja auch noch ein Vergnügungsviertel.“
Der Hafenmeister gibt dabei zu, mit einer derart großen Resonanz nicht gerechnet zu haben. „Das artet in Arbeit aus. Ich versuche das etwas auszubremsen, aber ich schätze, der Zug ist abgefahren. Denn eigentlich wollten wir zu Beginn nur zwei Mal im Jahr Party machen.“
Arbeit steht bereits weitere an. Der mobile Leuchtturm soll ein Facelift bekommen und um drei Meter erhöht werden. Jagels stolz: „Der ist komplett autark. Darin befinden sich ein Kühlschrank, eine Musikanlage,
Stromversorgung und sogar Meeresrauschen können wir abspielen.“
Und dann wäre da noch ein Plan, auf den an der Hafenzufahrt mit einem großen Plakat hingewiesen wird: Das erste Nartumer Gezeitenkraftwerk
soll gebaut werden. Erster Spatenstich ist beim Hafengeburtstag, die Inbetriebnahme soll zeitgleich mit dem Berliner Flughafen stattfinden.